Noble House Hongkong by Clavell James

Noble House Hongkong by Clavell James

Autor:Clavell, James [James, Clavell]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2013-04-11T04:00:00+00:00


Mit Hilfe seiner altmodischen goldenen Taschenuhr maß der Arzt Fleur Marlowe den Puls. Hundertfünfundzwanzig. Zu schnell, dachte er traurig. Er legte ihr zartes Handgelenk auf die Bettdecke zurück. Peter Marlowe kam aus dem kleinen Waschraum ihres Appartements.

»Nicht sehr erfolgreich, was?« fragte Tooley mit rauher Stimme.

Ein trübes Lächeln spielte um Peter Marlowes Lippen. »Ziemlich mühsam. Nur Krämpfe, und außer ein wenig Flüssigkeit kommt nicht viel raus.« Seine Augen ruhten auf seiner Frau, die bleich und matt in dem schmalen Doppelbett lag. »Wie geht es dir, Schatz?«

»Gut, Peter, danke.«

Der Arzt steckte sein Stethoskop ein und griff nach seiner altmodischen Tasche.

»War der … war der Stuhl blutig, Mr. Marlowe?«

Peter Marlowe schüttelte müde den Kopf. Weder er noch seine Frau hatten viel geschlafen. Gegen vier Uhr früh hatten die Krämpfe begonnen und seitdem an Stärke zugenommen. »Nein, oder besser gesagt, noch nicht. Nach dem, was ich spüre, könnte es eine ganz gewöhnliche Ruhr sein.«

»Ganz gewöhnliche? Hatten Sie schon einmal Dysenterie? Wann? Und welche Art?«

»Eine enterische, glaube ich. Ich saß 1945 als Kriegsgefangener in Changi – eigentlich von 1942 bis 1945, zum Teil in Java, aber hauptsächlich in Changi.«

»Ich verstehe. Tut mir leid.« Dr. Tooley dachte an die Schreckensgeschichten, die nach dem Krieg aus Asien kamen, Berichte über die grausame Behandlung, die die Japaner den englischen und amerikanischen Truppen »angedeihen« ließen. »Ich fühlte mich auf eine ganz besondere Art verraten«, gab sich der Arzt seinen Erinnerungen hin. »Die Japaner waren immer unsere Verbündeten gewesen. Sie sind ein Inselvolk wie wir. Ich war als Arzt bei den Chindits. Habe zwei Expeditionen mit Wingate mitgemacht.« Wingate war ein exzentrischer britischer General, der sich eine völlig unorthodoxe Art der Kriegführung ausgedacht hatte. Er brachte besonders mobile Kolonnen marodierender englischer Soldaten, die unter der Tarnbezeichnung Chindits operierten, von Indien in den birmesischen Dschungel, weit hinter den japanischen Linien, und versorgte sie aus der Luft. Der Arzt beobachtete Fleur, wog Möglichkeiten ab, forschte in seiner Erfahrung und versuchte, unter Tausenden von Möglichkeiten einen Weg zu finden, um den feindlichen Virus zu isolieren, bevor er den Fötus angriff. »Die verdammten Flugzeuge verfehlten die Abwurfplätze.«

»Mir sind ein paar von Ihren Leuten in Changi begegnet.« Marlowe versuchte sich zu erinnern. »1943 oder 44, ich erinnere mich nicht mehr genau. Nach ihrer Gefangennahme wurden sie nach Changi gebracht.«

»Das muß 1943 gewesen sein«, sagte der Arzt düster. »Gleich am Anfang geriet eine ganze Kolonne in einen Hinterhalt und wurde gefangengenommen.« Dr. Tooley war ein distinguierter alter Herr mit einer großen Nase, schütterem Haar und warmen Augen. »Nun, junge Frau«, fuhr er mit seiner freundlichen rauhen Stimme fort, »Sie haben ein bißchen Fieber …«

»Oh … entschuldigen Sie bitte, Herr Doktor«, unterbrach sie ihn. »Ich … ich glaube …« Sie stieg aus dem Bett, eilte unbeholfen auf die Toilette zu und schloß die Tür.

»Grund zur Sorge?« fragte Marlowe, sein Gesicht verkrampft.

»Sie hat 39,8; der Herzschlag ist beschleunigt. Es könnte ein Magen-Darm-Katarrh sein.« Der Arzt sah ihn an.

»Oder Leberentzündung?«

»Nein. Nicht so rasch. Die Inkubationszeit beträgt sechs Wochen bis zu zwei Monaten. Dieses Damoklesschwert schwebt über unser aller Köpfen. Leider.



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